Hier mal ein paar Eindrücke, die ich bei den Proben zu einer Verdiaufführung der Berliner Operngruppe machen konnte.

 

Musik und Meer

 

Eine Frage:

Wann haben Sie zuletzt in Musik gebadet?

Musik kann fließen wie Wasser, sie kann perlen, regnen, tröpfeln und stürmen. Sie bewegt sich von der Quelle zum Meer und von dort aus fliegt sie zurück in den Himmel, um zu Wolken zu werden.

Ein Wissenschaftler wird sich wohl kaum über die Ähnlichkeit von Musik mit Wasser wundern, denn sie besteht ja aus Wellen.

Also, wann haben sie in letzter Zeit mal wieder richtig in Musik gebadet?

Noch eine Frage:

Glauben Sie dran, dass jemand mit einem Zauberstab in der Hand einen ganzen Raum verzaubern kann?

Ich sage Ihnen, dass das geht, wenn dieser Jemand Felix Krieger ist, der an einem späten Wintersonntag in einem bereits von vorlauter Frühlingssonne durchfluteten Saal steht und seine Solisten, sein Orchester und seinen Chor dirigiert. Es ist die große Probe einen Tag vor der Aufführung im Opernhaus des Berliner Gendarmenmarktes.

Felix hustet, weil wegen der zur Zeit noch grimmigen Winterkälte draußen vor den Türen eine ganze Stadt erkältet ist und er keine Ausnahme. Er klatscht in die Hände und sagt: "Ruhe Bittäh!"

Er blättert in seinen Noten und sagt die Nummer einer bestimmten Passage. Er bittet die direkt vor ihm sitzenden Geiger, bei diesen Takten die Instrumente etwas anders anzustreichen.

Der Konzertmeister nickt mit dem Kopf und zeigt seinen Kolleginnen und Kollegen, wie man das bewerkstelligen kann. Schon ist man sich einig und Felix wendet sich jetzt an das gesamte Orchester. Er hebt die Hände und jetzt beginnt er, die Musik von Verdis Giovanna d’Arco in die Luft zu zeichnen.

Geigen, Celli und Kontrabässe werden jetzt nur mit den Fingern an gezupft. Die kaum wahrnehmbaren kurzen, schnell verklingenden Töne führen in einen Wasserfall von Musik.

Felix dreht sich zu seinen Solisten um. Einer von ihnen nimmt seinen Blick auf und beginnt wie beiläufig seine Stimme zum Orchester hinzu zu addieren. Die Stimme durchdringt kurz darauf die Musik wie ein plötzlicher Lichtstrahl, der durch ein Wolkengebirge die Erde erreicht.

Die Musiker im Orchester sind ein Volk. für sich. Einige von ihnen gucken diensteifrig abwechselnd auf ihre Noten und herüber zu Felix, der übrigens nicht nur mit den Händen dirigiert, sondern mit dem ganzen Körper. Einige Hände der Musiker bewegen sich sparsam und präzise, andere fast faul. Musik darf sparsam gespielt werden. Das ist jedoch legitime Sparsamkeit, nicht mit Faulheit zu verwechseln.

In der vorderen Reihe, dicht am Konzertmeister sitzt eine junge Frau, die sich mit sichtlichem Vergnügen von Takt zu Takt spielt. Sie neigt ihren Körper abwechselnd von einer Seite zur anderen, lächelt dabei ihre Kollegen an und als die Komposition zwei umgeblätterte Notenseiten später zu einem Walzerähnlichen 6/8tel Takt wird, strahlt die junge Geigerin regelrecht und bekommt jetzt etwas zigeunerhaftes. Durch diese Stelle der Musik schwimmt sie regelrecht wie ein Boot durch eine Stromschnelle.

Dann donnert es plötzlich in der Komposition. Der Paukist Hannes hat seine Arbeit gemacht.

Später in der Pause wird er sagen, dass es gar nicht so einfach ist, Verdis Komposition mit seinen Kesselpauken authentisch abzubilden. Um das zu schaffen, muss Hannes während der Aufführung laufend den Ton seiner Pauken mit Pedalen kontrollieren.

Felix tupft jetzt mit seinem Dirigentenstab einzelne Töne und dann Tongrüppchen in die Luft.

Das Orchester folgt ihm, dann setzen wieder Chor und die Solisten ein.

Verdis selten in Deutschland aufgeführte Musik hat jetzt die Gegenwart des Berliner Märzes erreicht.Während draußen vor den Türen die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings dem Winter die Hand auf die Schulter legen, freut man sich auf das morgen stattfindende Konzert.

Sein Sie bitte das nächste Mal mit dabei und baden Sie in Musik.

Hier kommen noch einige Informationen zur Künstlerin, die mir freundlicherweise das so schön zum Text passende Bild überlassen hat:

 

 

Herbstlich bunt präsentiert sich die aktuelle Kunstausstellung im Restaurant "Havelblick". Gemalt hat die Bilder die Berlinerin Waltraut Wehner.

Öl, Acryl oder Pastell: Für ihre Bilder verwendet Waltraut Wehner ganz unterschiedliche Techniken. Mal sind die Motive abstrakt oder impressionistisch, dann wieder gegenständlich, aber immer der Natur abgeguckt. Ihre Bilder heißen "Ernte", "An der Havel" oder "Rote Seerosen."

Viele Arbeiten aus verschiedenen Schaffensjahren hängen jetzt für längere Zeit im Restaurant "Havelblick" an der Havelschanze 9. Der Eintritt ist frei. Geöffnet ist montags, mittwochs und sonntags von 12.30 bis 18 Uhr, donnerstags, freitags und samstags von 12.30 bis 20.30 Uhr. Waltraut Wehner ist in Ruhleben aufgewachsen und lebt heute in Zehlendorf.