Ich stehe ja schon lange nicht mehr auf Kriegsspielzeug,

aber das Teil auf diesem Bild erweckt uralte Erinnerungen. Es hat mittels einer Feder Druckluft produziert und damit einen Papierstreifen gelocht.

Das hat ein bisschen geknallt.

Heutzutage wird übers Internet eine "Knallrakete" zum Werfen verkauft, die den Knall so ähnlich erzeugt.

Nach dem Motto: sicher gab es bessere Zeiten, aber das hier war unsere (so hieß mal ein CD-Sampler, auf dem es auch einen Song von meiner damaligen Band ICHFUNKTION gab), werde ich hier nach und nach Erinnerungsbruchstücke aus meiner Kindheit aufschreiben.

 

Produkte aus der Kaufhalle:

 

Ganz früher:

 

Waldmeistersirup, Kirschsirup in kleinen Flaschen.

Autos aus Schokolade, Kaugummis auf Blisterkarte,

Mackie-Zuckerstangen in Papiertüten. Schokoladenapfel (innen hohl, ich glaube aus Bitterschokolade und in einer schönen, roten Pappschachtel) Kaugummis lose, die nicht mal schlecht geschmeckt haben, aber nur für ein paar Sekunden.  Längliche, durchscheinende  Bonbons Hartkaramell innen mit einer merkwürdigen Füllung die wohl Kakao darstellen sollte. In manchen war auch Fruchtfüllung drin. Kleine sehr gelbe Bananen aus hartem Zuckerschaum. Zuckerstangen in Frucht und Kakaogeschmack. Bunte Puffreiskörner in Tüten. Buntes Popcorn in Tüten.

Pefferkuchenhäuser aus dünner bedruckter Pappe mit Lebkuchenherzen drin.

Ganz früher gab es die auch mit schokladeähnlichem Überzug.

 

Später gab es in den Häuschen nur noch die etwas staubigen, steinharten Lebkuchenherzen, die weiss glasiert und mit noch härteren Liebesperlenüberzogen waren. Colasirup, Johannisbeersirup große Flaschen.

Honigbären und Honig in Gläsern, die Blechdeckel hatten und wie Handgranaten aussahen. Fruchtdrops in rötlich und gelb gemischt (dünne Papierröllchen)

Liebesperlen in Glasfläschen mit Gummitülle. Gelbe und Rote längliche Lutscher zu fünf Pfennig. Frucht und Schokolollis.

Salmiakpastillen in runden Blechdöschen. Mit groben Zucker bestreute rechteckige Kekse in grüner Verpackung.

 

Strandbad Wendenschloss:

 

Drei Sorten Eiskugeln, die in muschelförmigen Waffeln verkauft wurden. Frucht, Vanille, später Kokoseis,  Limonade in bunt bedruckten Pappbechern - später gab es nur noch sehr wabbelige Einheitsbecher aus durchsichtigem Plastik, in denen auch das Bier verkauft wurde.

 

Tierpark Friedrichsfelde, Pionierpark, Plänterwald Softeis, Zuckerwatte

 

Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz:

 

gebratene Zwiebelleber

 

Drogerie:

 

Vitraletten- kleine Pappschachtel mit Tabletten aus Traubenzucker Geschmacksrichtung Zitrone.

später: Ascoffin-Brausepulver mit Koffein versetzt.

 

Produkte aus einem Kiosk der Bahnhofsmitropa:

 

Vollmilchdrops in runden Pappdosen (auf der Dose war glaube ich eine Honigbine abgebildet). Kaffepulver in kleinen zusammengedrückten Blechkapseln. Mit gelbroter Schrift bedruckt. Vermutlich Instantkaffee.

 

Flohmarkt in der Nähe vom S-Bahnhof Köpenick:

 

Karamelltoffee´s lose in Papiertüten.

 

Kaufhalle (siebziger Jahre):

 

Club Cola 50 Pfennigflasche, 32 Pfennig Limonade, rote Limonade (aber nur in Potsdam), Bitter Lemon in kleinen Flaschen. Zweifarbiges Stieleis zu 20 Pfennig aus Polen, das super geschmeckt hat, aber immer in der Mitte durchgebrochen ist.  Auf dem Papier stand: Lodi (ich glaube, das i war durchgestrichen. )Moskauer Milcheis in blauen Pappbechern. Gefrorener Fruchtsaft mit Orangengeschmack in Bechern - da musste man ewig warten, bis das so weit aufgetaut war, dass man das rauslöffeln konnte. Pepsi Cola zu eine Mark fünfzig die Flasche, wobei fünfzig Pfennig Pfand war. Kokosnüsse, gepresstes Johannisbrot. Datteln aus dem Irak. Lakritzstangen zu 10 Pfennig-immer steinhart. Babysaft in braunen, kleinen Glasfläschchen.

 Mit Zuckerwasser gefüllte Kaffebohnen, die aber auch aus Zucker bestanden. Die gab es in rechteckigen Pappschachteln, in denen man die Bohnen durch ein Fenster aus Plastikfolie sehen konnte.

Cevitchen Brausepulver in für DDR-Verhältnisse erstaunlich ansehnlichen Tütchen aus Verbundfolie. Traubenzuckertabletten groß in Rollen. Normal oder Kakaogeschmack. Karamelltoffe`s in Kirsch oder Kakaogeschmack.

Die Kirschsorte war deutlich leichter zu kauen, als die Kakaosorte.

Oldtimer-Schokolade zu 1,40  die Tafel. Ließ  sich gut klauen, indem man sie in den Ärmel vom Anorak steckte, aber irgendwann wurde ich dabei erwischt. Die kleinen Flaschen mit Feuerzeugbenzin haben wir auch kostenlos aus der Kaufhalle getragen und draußen abgefackelt - war mehr so ne Beschäftigungsart für die frühen Herbstabende. Tafelkreide weiß in blauweißen Pappschachteln. (Da unsere Schule nur wenige Meter vom Schulgebäude enfernt lag, wurde ab und zu ein Schüler während des Unterrichts in die Kaufhalle geschickt, um neue Kreide zu holen. Hat glaube ich eine Mark gekostet.

Kunsthonig zu 45 Pfennig in einem großen Pappbecher.

Harte Wurst, Milkana-Käseecken. Bisquitrollen, Cremekuchen zu 1,40. Zitronen Bisquitrolle für glaube ich zwei Mark zwanzig.  Mischobst im Glas. Wabbeliger Johannisbeerjoghurt in länglichen Plastikschälchen, die mit Alufolie verschlossen waren.

Je nach Raumtemperatur wurde der Joghurt auch gerne mal flüssig und hat mir dann besser geschmeckt.

Mit Zuckerwasser gefüllte kleine Ostereier in durchsichtigen Plastiktüten. Größere marmorierte giftgrüne Ostereier, die innen mit süßsaurem , nicht flüssigen Zuckerkram gefüllt waren-die Dinger waren meistens steinhart. Gelbe und weisse Kokosflocken, ich glaube, es gab auch welche in rosa.

Kandiszucker weiß in hellblauen Pappschachteln, wie bei den oben genannten Kafffebohnen mit Sichtfenster.

Brauner Kandiszucker , riesige Stücken die man manchmal kaum in den Mund bekam. Sunny Schlecks, Geleèkonfekt rechteckig in durchsichtigen Packungen (grün weiß rot mit Zucker bestreut).

 Malzbonbons in Tafeln, die sich schwer auseinander brechen ließen. Gelbliche Fruchtdrops in Rollen, die mit einem weißlichen Trennmittel bestäubt waren-vermutlich, damit nichts zusammen klebt. Könnte aber auch nur Zuckerstaub gewesen sein.

Einzeln in durchsichtige Folie eingewickelte Fruchtdropse in Tüten (rote und gelbe). Tüte zu fünfzig Pfennige.

Gummibärchen gelbe und rote, die waren deutlich weicher, als die von Haribo und nicht annähernd so saftig.

Eine Art englische Weingums in Tüten. Die grünen Dinger waren glaube ich rautenförmig.

Einzeln eingewickelte Johannisbeerbonbons Marke Henry.

 

In einer Kaufhalle in Eisenach gab es mal die kleinen Ostpfeffis , aber mit Kakaogeschmack.

 

Tante Emma-Laden in der Provinz: Kaubonbons in Toffeform mit Colageschmack. Gelbe Kaubonbons mit Zitrónengeschmack, die in von einer kleinen Stange abbeißbare Kissen unterteilt waren.

Das Einschlagpapier war grünweiss bedruckt.

 

Ganz in der Nähe vom Rathaus Köpenick  gab es auch einen Süßwarenladen Engelke. Der hat Mäusefiguren aus Marzipan verkauft, deren Einzelteile durch Holzstäbchen zusammen gehalten wurden.

Da gab es auch die kleinen, runden Polenlutscher.

 

Aus der Tscheoslowakei:

Pedro-Kaugummis einzeln in zwei Lagen eingepackte rechteckige Gummis mit Fruchtgeschmack-viel saftiger als die frühen DDR-Varianten, die beim drauf rumkauen erst krümelten und sich dann im Mund wie ein Stück Plastik anfühlten.

 

Weihnachtsprodukte in der Kaufhalle:

Essbarer Baumbehang in Gebäckform glasierter heller Mürbeteig.-hab ich mich mal bis zum Erbrechen dran überfressen. Diese Keksform kam in relativ ansehnlichen, gewachsten Papiertüten.

Einmal gab es kurz vor Weihnachten neben der Pepsicola noch zwei andere Westprodukte in unserer Wendenschlosser Kaufhalle. Es waren Mon Cheri - Pralinen und Babybelkäse. Keine Ahnung, wo das auf einmal herkam.

 

 

 

Erste Silvester

 

Wir feierten den Silvesternachmittag im Kindergarten mit Gesellschaftsspielen. Bei einem Spiel gewann ich einen Preis.

Ich durfte zusammen mit einem anderen Kind an einem Papierstreifen ziehen, der zu einer glitzernden flachen Frauenfigur aus dünner Pappe gehörte. So ähnlich, wie ein Knallbonbon.

Das Objekt entstammte wahrscheinlich dem VEB Kunstblume Sebnitz.  Es war mein erster selbst gezündeter Feuerwerkskörper.

An einem meiner sehr frühen Silvester bin ich über die Wiese gerannt, weil ich unbedingt die schönen bunten Kugeln finden wollte, die aus den Raketen rausflogen. Man sah ja, dass die Leuchtkugeln zurück auf die Erde fielen. Nur wohin?

Das erste Feuerwerk, das mir offiziell meine Eltern kauften, waren Gefa-Knallerbsen in runden Dosen, auf denen Autoknaller stand.

Ich dachte eine Zeit lang, man braucht ein Auto, um die Dinger zu benutzen.

 

Erste Rakete:

 

So ein Ding, das man mit einer Gummischleuder abschießen sollte. Dafür war ich wohl zu ungeschickt, wie ein alter 8mm - Schwarzweißfilm aus meiner Kindheit beweist.

 

Zweite Rakete:

 

Die hatte ein Junge aus der Nachbarschaft. Die Rakete wurde mit einem bisschen Wasser betankt und dann Luft reingepumpt.

Das Ding flog richtig schön hoch. Diese Konstruktion wird heute noch verkauft und man bekommt sie auch als Bastelanleitung.

 

Erstes Flugzeug Hat ein älterer Nachbarsjunge aus Pappe und Silberpapier gebaut und mir und meinem kleinen Bruder geschenkt. Das Ding konnte nicht fliegen, probiert haben  wir das natürlich.

Dieser Nachbarsjunge hat mir inzwischen geschrieben. Er hat die Flugzeuge aus Bastelbögen vom Kranichverlag zusammengeklebt.

 

Zweites Flugzeug: Der legendäre Bastelbogen aus dem Schulunterricht. Das Ding flog auch nicht, aber ich habe beim zusammenfügen viel zu viel Klebstoff verwendet.

 

Erste Zeitung: Frösi

Zweite Zeitung: ABC-Zeitung

dritte Zeitung. Junge Welt

 

10. Geburtstag

Meine Eltern schenkten mir eine Spielzeugmaschinenpistole. Ich legte mich unten vor unserem Wohnhaus im Köpenicker Kiezer Feld in die Buddelkiste und schoss auf einen eingebildeten Feind. Hätte er zurück geschossen, wäre das Spiel ganz schnell vorbei gewesen.

Aus einem Stück Bettlaken und einem Schlüppergummi bastelte ich mir auch eine Maske für´s Gesicht. Ein Erwachsener kam dann zu mir an den Rand der Buddelkiste und erzählte mir was über den Ku Kux Klan.

So was ähnliches passierte, als ich irgendwann später aus Langeweile ein Hakenkreuz zeichnete. Meine Mutter entdeckte die Zeichnung und holte ein Buch aus dem Wohnzimmerschrank.

Es hieß: SS im Einsatz. Eines der Fotos in dem Buch erschreckte mich nachhaltig. Auf dem Bild hatte man einem KZ-Häftling eine Gasmaske aufgesetzt, wahrscheinlich, weil getestet werden sollte, ob die Maske einen bestimmten Kampfstoff wegfiltern konnte.

Ich habe aber gedacht, die Nazis hätten absichtlich Gas in den Schlauch der Maske geleitet. Auf einem anderen Bild sah man, wie ein Mann in einer mit Wasser gefüllten Wanne lag, in der auch Eisstücke schwammen.

Hakenkreuze wollte ich dann erst mal nicht mehr malen.

 

Erster Tod:

 

Das muss in den Sommerferien gewesen sein.

Mein großer Bruder war entweder verlobt, oder verheiratet, jedenfalls gehörte jetzt seine Braut zu unserer Familie.

Wahrscheinlich war es an einem Samstagabend, als die gesamte Familie nebst Oma und meinen zwei Brüdern ausnahmsweise einen Spielfilm im Westfernsehen sah.

Es war der Film Liebe ohne Hoffnung mit Peter Falk in der Hauptrolle. Im Film verliebt sich ein Mann in eine Frau und es wird erst mal richtig schön. Aber beide werden an Krebs sterben.

Sie haben sich über eine Selbsthilfegruppe kennengelernt.

Die Frau stirbt als erstes und der Mann zertrümmert nach ihrer Beerdigung mehrere am Friedhof parkende Autos mit einer Eisenstange , weil er so traurig und wütend ist.

Am Abend nach dem Film konnte ich nicht einschlafen, weil ich mir die ganze Zeit vorstellte, ich würde womöglich bald an Krebs sterben.

In den nächsten Ferientagen ist mir bei einem frühen Sommerabendspaziergang mit der Familie klar geworden, dass ich so oder so eines Tages sterben werde.

 

Erster sexueller Vollrausch:

 

Im Fernsehen zeigten sie einen kurzen Film, auf dem ABBA einen ihrer Hits sangen. Es war Money money money.

Die beiden Frauen trugen sexy-Klamotten im Stil der zwanziger Jahre. Das hat mich ziemlich in aufgeregte Schwingung versetzt.

Am nächsten Morgen musste ich aus irgendeinem Grund nicht zur Schule, wahrscheinlich waren Ferien.  Ich war allein im Wohnzimmer und habe fieberhaft  auf die Wiederholung der abendlichen Abbasendung gewartet.

Das Schicksal war mir gnädig.

 

Erste Uhr: Eine Spieluhr aus bunten Segmenten und Zahnrädern.

Konnte man leicht auseinander nehmen und wieder zusammen setzen. Die Zeit hat die Uhr nicht angezeigt, aber meine Mutter hat, als wir schon selbstständig zur Schule laufen durften, die Zeiger der Spieluhr so hingedreht, dass wir sehen konnten, wann es Zeit für den Schulweg war. Das konnten wir einfach mit der Zeigerstellung des Weckers vergleichen.

 

Erste Gitarre:

 

Ich war zusammen mit meinem Bruder im Ferienlager, ich glaube, in Lychen, und hatte Geburtstag. Mein Geburtstagswunsch war eine Gitarre und etwas derartiges konnte man im Ostberlin der frühen siebziger Jahre so gut wie gar nicht kaufen.

Meine Eltern schickten mir ein großes Geburtstagspaket mit Kuchen ins Ferienlager. Ein paar Geschenke waren auch im Paket, aber keine Gitarre. Am letzten Ferienlagertag wurden wir Kinder von einem Firmenbarkas der zum Betrieb meines Vaters gehörte abgeholt. Mein Vater saß auch mit im Barkas und als ich ihn schüchtern nach meiner Gitarre fragte sagte er zu meiner größten Freude, dass sie zu Hause auf mich warten würde.

Endlich zu Hause angelangt war erst mal Mittagsschlaf angesagt.

Den verbrachte ich mit meiner Gitarre im Arm. Es war eine kleine Konzertgitarre, deren Lack und deren Holz einen ganz besonderen Geruch verströmte. Dieser Geruch öffnete mir die Tür zu einem neuen Universum.